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Europapolitisches Magazin Ausgabe 33

November 2021

Macht, Medien, Missbrauch?

Macht, Medien, Missbrauch?
Wie wir durch ein Anti-SLAPP Gesetz die Presse- und Informationsfreiheit in der EU schützen müssen

Die Unabhängigkeit der Medien in Europa ist zunehmend bedroht. Neben der Kürzung von Geldern für unabhängige Medien, den Journalismus und die Zivilgesellschaft oder sogar auch verbale und körperliche Angriffe auf Journalist:innen versuchen Staaten wie Polen und Ungarn mit sogenannten SLAPPs die Presse- und Informationsfreiheit einzuschränken. SLAPP steht für „Strategic Lawsuits against Public Participation“. Es handelt sich hierbei um strategische Klagen, die Kritiker:innen zum Schweigen bringen sollen. Betroffen sind insbesondere Menschenrechtler:innen oder Umweltschützer: innen. SLAPPS untergraben damit unsere gemeinsamen EU-Werte, wie die Rechtsstaatlichkeit, das Recht auf Meinungsäußerung, die Freiheiten der Presse, Information und Vereinigung.

Ein klarer Missbrauch unseres Rechtssystems! Denn nur durch eine unabhängige Berichterstattung und kritische Auseinandersetzung können Missstände überhaupt erst aufgedeckt werden. Besonders problematisch: Häufig existiert ein Ungleichgewicht von Macht und Ressourcen zwischen Kläger:innen und Angeklagten, da SLAPPs aus dem Staatshaushalt finanziert und meist in Kombination mit anderen staatlichen autoritären Maßnahmen eingesetzt werden. Bisher hat jedoch kein Mitgliedstaat gezielte Gesetze gegen SLAPPs erlassen.

Als Europaabgeordnete fordere ich den Schutz der Medien, Nichtregierungsorganisationen und Zivilgesellschaft vor solchen missbräuchlichen Klagen. Daher setze ich mich gemeinsam mit den Sozialdemokrat:innen im Europäischen Parlament für ein Anti-SLAPPGesetz ein. In einem im November angenommenen Initiativ-Bericht fordern wir als Europäisches Parlament die Kommission auf, bewährte Praktiken zu analysieren, die derzeit außerhalb der EU angewandt werden, und ein Maßnahmenpaket vorzulegen, das konkrete und umsetzbare Legislativvorschläge umfasst. Die Europäische Kommission muss eine EU-Richtlinie zur Festlegung von Mindeststandards vorlegen, die die Opfer schützt und gleichzeitig den Missbrauch von Anti-SLAPP-Maßnahmen verhindert und sanktioniert.

In meinem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) sowie im Rechtsausschuss (JURI) hat insbesondere mein Kollege und Mitberichterstatter Tiemo Wölken an dem Initiativbericht mitgearbeitet. 

Zunächst muss europaweit klar definiert sein, was SLAPPs sind. Dadurch wird berücksichtigt, ob die beklagte Kritik von öffentlichem Interesse ist und ob eine solche Klage juristisch Substanz hat, oder ob die Klage frühzeitig abgewiesen werden kann. Dies muss auf Grundlage objektiver Kriterien geschehen: Dazu gehören beispielsweise die Anzahl und Art der vom Kläger eingereichten Klagen oder Verfahren, die Wahl des Gerichtsstands und des Rechts oder das Vorliegen eines eindeutigen und belastenden achtungleichgewichts. Der sogenannte „Verleumdungstourismus“, also die Praxis die Gerichtsbarkeit eines anderen Staates auszunutzen, weil eine höhere Wahrscheinlichkeit vorteilhafter Urteile besteht, muss durch einheitliche Regeln verhindert werden. 

Mit Blick auf das Recht auf ein faires Verfahren muss festgelegt werden, dass Fälle von den Gerichten des Wohnsitzes des Angeklagten entschieden werden sollten. Wenn der Kläger nicht begründen kann, warum sein Vorgehen nicht missbräuchlich ist, muss die Klage sanktioniert werden. Daneben brauchen wir Schutzmaßnahmen gegen kombinierte SLAPPs, d.h. solche, die strafrechtliche und zivilrechtliche Anklagen kombinieren. 

Schließlich müssen wir wichtige nichtlegislative Maßnahmen schaffen, um die Opfer zu unterstützen. Dazu soll für die Opfer von missbräuchlichen Klagen ein EU-Fond für die juristische Unterstützung eingerichtet werden. Daneben brauchen sie psychologische Betreuung und praktische Beratung durch eine zentrale Anlaufstelle.

Dass der Initiativ-Bericht im November von einer großen Mehrheit angenommen wurde, ist ein erstes wichtiges Zeichen. Journalist:innen und NGOs unterstützen diesen Bericht, jetzt müssen wir sie durch einen ehrgeizigen Rechtsrahmen unterstützen. Es ist an der Europäischen Kommission zu handeln. Denn eines ist klar: Es muss Schluss sein mit SLAPPs!

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